Gesundheitssystem in Deutschland : ungerecht, veraltet, korrupt

22. Dezember 2018 — Von Sebastian Dirks

Das Gesundheitsssystem in Deutschland ist sein Geld nicht wert. Zu diesem Schluß kommt man, wenn man sich das System, dass sich über Jahrzehnte entwickelt hat, genauer anschaut. Jeder nimmt das System — vom Zahlarzt bis Rettungsdienste, Krankenhäuser, Krankenkassen bis Hausärzte. Der Dumme ist der Beitragszahler.

Für Schlagzeilen sorgte im Sommer 2018 Amazon-Chef Jeff Bezos, der die Krankenversicherung seiner Mitarbeiter für zu teuer und ineffizient findet. Deswegen plant er eine eigene Betriebsklinik in der Konzernzentrale in Seattle.

Schauen wir uns das Gesundheitssystem in Deutschland einmal genauer an.

Private Krankenversicherung (PKV) abschaffen

In Deutschland gibt es zwei konkurrierende Krankenversicherungen: Die profitorientierte Private Krankenversicherung (PKV) und die Gesetzliche Krankenkasse (GKV).

Mehr als 40 Private Krankenversicherungen (PKV) kassierten 2017 rund 36,45 Milliarden Euro an Krankenversicherungsbeiträge (plus Pflegeversicherung 2,59 Milliarden). Das ist Geld, die der Gesetzlichen Krankenversicherung fehlt.

Privat versichert sind meist Menschen mit hohem Einkommen, Beamte oder Selbstständige. Wer einmal als Selbstständiger in der Privaten Krankenversicherung drin ist, kann nur schwer zurück in die Gesetzliche Krankenversicherung. Im Alter steigen die Versicherungsbeiträge in der Privaten Krankenversicherung erheblich. Viele können ihre Beiträge nicht mehr bezahlen.

In die Gesetzliche Krankenversicherung sollten dann aber auch alle einbezahlen, vom Beamten und Selbstständigen, vom Politiker bis Polizisten, vom Rentner bis Pensionär, vom Bundespräsidenten bis Minister.

Die neue Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) sollte dann aber so unsinnige und nutzlose Medizin wie die → Homöopathie nicht finanzieren.

Aber auch die Anzahl der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) muss gebüdelt werden. Derzeit gibt es mehr als 100 Gesetzliche Krankenkassen in Deutschland.

Gesetzliche Krankenkassen: 194 Millionen Werbeausgaben

Bundestagsabgeordneter Roy Kühne (CDU) fordert: "Vielleicht solen die Krankenkassen auf Werbung im Profisport verzichten". 2016 gaben Gesetzliche Krankenkassen 194 Millionen Euro für Werbeverträge aus. Während Krankenkassen wie die AOK viel Werbung betreiben, muss der Bund gesetzliche Krankenversicherung jährlich mit Milliarden unterstützen. (Update vom 27.02.2019).

Krankenhäuser und Praxen verstaatlichen

Ein Medizinstudium in Deutschland ist kostenlos. Der Steuerzahler zahlt sie mit seinen Steuern. Nach Ende des Medizinstudiums können die Mediziner ihre eigene Praxis eröffnen und kassieren. Krankenhäuser müssen dagegen mit Steuermitteln am Leben gehalten werden.

Schaut man sich die Ausgaben der Privaten Krankenversicherung, gingen 28,4% an Krankenhäuser, Arztpraxen 20,9% und Zahnarztpraxen 10,4% (Datenstand vnn 2010).

Nun müsste man die privaten Arztpraxen, Zahnarztpraxen usw in staatliche Krankenhäuser zusammenführen.

Heute müssen Hausärzte lediglich 20 Sprechstunden pro Woche für gesetzlich Versicherte anbieten. Forderungen von Krankenkassen auf eine Erhöhung auf 25 Stunden pro Woche, lehnen die Ärzte entschieden ab.

Das Statistische Bundesamt ermittelte 2011 einen durchschnittlichen Reinertrag pro Praxisinhaber (Hausarztpraxen) bei durchschnittlich 166.000 Euro (brutto) pro Jahr. Dabei sind Aufwendunge für Sach- und Personalkosten bereits abgezogen. 2005 gab es in Deutschland 53.255 Hausärzte. 2016 gab es 94.098 Zahnärzte in Deutschland.

Bei einer Verstaatlichung muss verhindert werden, dass utopische Gehälter bezahlt werden. Für Aufsehen sorgte im November 2018 das Stellengesuch der Uni-Klinik Magdeburg, die einen neuen Ärztlichen Direktor suchte — und dafür 550.000 Euro Jahresgehalt angeboten hatte.

Derzeit macht fast jedes dritte Krankenhaus Verlust und sind auf Fördermittel vom Staat abhängig. Deutschland hat knapp 2.000 Krankenhäuser. Zuviele meinen Fachleute. Alleine 500 Krankenhäuser stehen in katholischer Trägerschaft. Auch sie erhalten staatliche Unterstützung. Etikettenschwindel! Der Löwenanteil zahlt der Steuerzahler.

Konzerne wie der Marktführer Helios machen mit ihren Krankenhäusern einen Umsatz von rund 5,8 Milliarden Euro und einen Gewinn von 543 Millionen Euro (2016). Die Tochter des Dax-Konzerns Fresenius betreibt bundesweit 112 Krankenhäuser. Etwa 30 Prozent aller Kliniken sind in privater Hand. Die meisten sind börsennotierte Unternehmen und deren Aktionäre fordern steigende Gewinne und Dividenden.

Vielleicht wird dann auch die Qualität der Behandlungen besser. Betrachtet man die Zufriedenheit bei Patienten, die eine Zahnprothese erhalten haben, sind mehr als die Hälfte unzufrieden und haben Probleme damit.

Der BGH entschied 2018 den Fall einer Patientin, deren Zahnarzt für eine missratene Zahnbehandlung (acht Zahnimplantate) 34.000 Euro verlangt. Das BGH entschied, dass die Patientin den Betrag nicht bezahlen muss. Im konkreten Fall kam es zu gravierenden Behandlungsfehlern und die erbrachten Leistungen seien nutzlos für die Frau gewesen. Welche Posten auf der Honorarrechnung des Zahnarztes die Patientin dennoch bezahlen muss, entscheidet jetzt eine andere Kammer des OLG Celle. Dort muss der Fall neu verhandelt und entschieden werden.

Ein anderes negative Beispiel ist eine Hautarztpraxis in Hamburg: Ein neuer Patient muss ein Formular unterschreiben, dass er bereit ist, bei einer Verspätung bis zehn Minuten 25 Euro zu zahlen. "Jede weitere angefangenen zehn Minuten kosten weitere 25 Euro". Unterschreibt er nicht, wird er nicht behandelt. Dr. Corinna Peter, Partnerin der Gemeinschaftspraxis mit Namen mein-hautarzt.de rechtfertigt sich: "Wir lassen seit einigen Jahren alle Patienten die Abdingungserklärung unterschreiben.". Die Ärztekammer sieht das genauso: "Handelt es sich um längere Komplex-Behandlungen (z.B. Magenspiegelung), kann ein Arzt Vereinbarungen über die Zahlung eines Ausfallhonorars treffen".

Pflege verstaatlichen

Auch die Pflege muss verstaatlicht werden, die heute meist von profitorientierten Unternehmen betrieben werden. Das senkt die Kosten für Altenheimen und Pflegeheimen.

Natürlich müsste das Schulgeld für Altenpflege-Ausbildung sofort gestrichen werden. Das Pflegeberufereformgesetz des Bundes sieht eine kostenlose Ausbildung erst ab 2020 vor.

Eine Reform der Pflegeversicherung ist dringend geraten. Als die Pflegeversicherung eingeführt wurde, war diese als Zusatzversicherung gedacht und nicht, um alle Kosten zu decken.

Heute kann ein Pflegeheimplatz bis 6.000 Euro pro Monat kosten. Selten reicht dafür die Rente und die Kinder müssen aufkommen (Elternunterhalt). Zuerst greift die Pflegeversicherung, dann das Einkommen (Rente) und das Vermögen. Dann muss der Ehepartner mit seinem verwertbaren Vermögen für die Kosten aufkommen. Wenn das immer noch nicht reicht, müssen Kinder Elternunterhalt zahlen.

Ein kleines Trostpflaster: Wer Elternunterhalt zahlt, ist nicht verpflichtet, sein Haus oder Wohnung zu verkaufen. Dennoch droht bei einer Pflegebedürftigkeit eine Rückforderung einer Schenkung.

Derzeit gibt es in Deutschland 11.390 Altenheime. Private Altenheime schießen wie Pilze aus dem Boden. Auch Konzerne wie die Caritas, Diakonie oder das DRK spielen mit.

Deutschland ist Europameister im Operieren

Viele Krankenhäuser haben sich auf teure Operationen spezialisiert, ob diese nun notwendig sind oder nicht. Meist haben die Patienten danach mehr Probleme wie vorher. Sehenswert in diesem Zusammenhang ist die Dokumentation der ARD "Operieren und kassieren: Ein Klinik Daten Krimi" (2017). Leider ist das Video nicht mehr auf YouTube verfügbar.

Organspende

Bei der Organspende und der Transplantation verdienen Ärzte sehr gut. Nicht einmal die Beerdigungskosten für den Spender werden übernommen.

Pharmaindustrie

Auch die Rolle der Pharmaindustrie mit ihren Milliarden-Gewinnen sollte man überdenken.

Vorsicht bei Bewertungsportalen im Internet

Mit Vorsicht sind Bewertungsportale im Internet zu behandeln. Beim Bewertungsportal Jameda schneiden die Mediziner besser ab, die für ihr Profil bezahlen. Andere bezahlen Firmen für befakte Bewertungen. Manche Portale bieten ihren Ärzten bei einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft die Möglichkeit, unliebsame Bewertungen zu löschen. Bewertungsportale gibt es viele, von Jamenda, Docinsider oder Sanego. Auch die Bundesärztekammer warnt mittlerweile vor gefälschten Bewertungen.

Damit sind alle Bewertungsportale gemeint. Nicht nur Ärzte, sondern auch Rechtsanwälte oder Hotels.