Das Vermögen der evangelischen und katholischen Staatskirchen in Deutschland

Die beiden Großkirchen, die Evangelische und Katholische Kirche, besitzen ein Milliardenvermögen in Deutschland und kassieren trotzdem vom Steuerzahler jedes Jahr Milliarden.

Die beiden Staatskirchen — Evangelische Kirche Deutschland und Katholische Kirche Deutschland — sind die reichsten Unternehmer der Republik. Der Politologe Carsten Frerk recherchierte drei Jahre lang zu dem Thema Kirchenfinanzen und Staatskirchenverträge. Zuammengerechnet kommt er auf ein Gesamtvermögen der beiden Großkirchen in Deutschland, auf rund einer Billion Mark (500 Milliarden Euro).

Über ihr Vermögen und ihre Zuwendungen reden die Kirchen nicht gerne. Es gibt es Deutschland kein Transparentpflicht für steuerbefreite Unternehmen. Wie die ganzen Unternehmen im kirchlichen Besitz zusammenhängen, wird nicht publik gemacht. Von Weinbergen, Brauereien, Stadt-Immobilien und vieles mehr.

Die Evangelischen Landeskirchen haben in ihren Haushaltspläne, Informationssperren zu Haushalts- und Vermögensfragen. Angaben über Stiftungen, Sondervermögen und Immobilien. Solche Informationen werden nicht öffentlich gemacht. Auch die Katholische Bischofskonferenz fordert Geheimniswahrung, wenn man Ausküfte anfragt. Die letzte offizielle Statistik über den Grundbesitz der beiden Kirchen stammt aus dem Jahr 1937 und der offiziellen Reichs-Statistik. Aktuelle Zahlen gibt es keine.

Die Katholische Kirche ist der größte Grundbesitzer in Deutschland — und von der Grundsteuer befreit. Warum muss ein Hartz-IV- (jetzt Bürgergeld)- Empfänger Grundsteuer zahlen, während ein Milliardenkonzern befreit ist? Und die Politik deckt solche Machenschaften.

Im Dezember 2001 veröffentlichte Frerk zum ersten Mal Informationen über Geldanlagen, Vermögenswerte und Immobilien von Landeskirchen und Diözesen, karitativen Stiftungen und anderen Beteiligungen. Das Gesamtvermögen (Geld, Aktien, Beteiligungen, Grund und Immobilien) schätzt Frerk auf 981 Milliarden Mark. Damit sind die Kirchenkonzerne die reichsten Firmen in Deutschland.


Dabei verteilt sich das Vermögen auf viele kirchliche Tochterunternehmen, von Dorfgemeinden bis zu den Hilfswerken Misereor (katholisch) und Brot für die Welt (evangelisch).

Vom Gesamtvermögen ließen sich Immobilien und Grundbesitz für rund 298 Milliarden direkt verkaufen. Auch das Geldvermögen von 170 Milliarden Mark sind sofort verfügbar. Die alten Kirchenbauten haben nur noch einen theoretischen Wert, weil meist Denkmalschutz einen Abriss und Verwertung der Grundstücke blockieren.

Würde die Kirche etwa den Kölner Dom zum Beispiel als Museum an eine öffentlichen Stiftung übertragen, könnte sie mit 500 Millionen rechnen. Beide Kirchenkonzerne besitzen rund 6,8 Milliarden Quadratmeter Grund und Boden. Das entspricht dreimal soviel wie Berlin, Bremen, Hamburg und München zusammen. Alleine die Evangelische Kirche hat 75 062 Grundstücke mit Gebäuden. Die Katholiken verschweigen genaue Zahlen.

Nehmen wir als Beispiel das Gemeindehaus der Hamburger St.- Petri-Kirche. Dabei handelt es sich um ein siebenstöckiger Bürokomplex an der Haupteinkaufsstraße mit einem Schätzwert von 20 Millionen, komplett vermietet an Radiosender und Firmen. In Berlin-Mitte gehörten Grund und Boden sowie das Gebäude des Dorint-Hotels am Gendarmenmarkt einem Immobilienfonds der EKD (Evangelische Kirche Deutschland). In Hildesheim verfügt die katholische Kirche über 16 City- Grundstücke. Den Gesamtwert aller kirchlichen Grundstücke und Gebäude berechnet Frerk mit 424 Milliarden Mark. Ausgaben für Personal, Seelsorge und "gute Taten" bezahlen die Kirchen nicht selbst, sondern aus laufenden Einnahmen. Allein 17 Milliarden Kirchensteuer treibt der Staat von den Kirchenmitgliedern ein. Davon rund 9 Milliarden bei den Katholiken und etwa 8 bei den Evangelischen. Weitere 19,1 Milliarden kassieren Kirchen vom Staat, zum Teil als Zuschüsse, zum Teil als Ausgleich für die Zwangsenteignung von Kirchengut mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803.

Mit weiteren Steuergeldern werden etwa bezahlt: Militär-, Anstalts- und Polizeiseelsorge, Kirchentage, Denkmalpflege, Religionsunterricht, kirchliche Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Kirchen-Bibliotheken und Konfessionsschulen. In zahlreichen Bundesländern werden zudem Bischöfe und Pfarrer wie Beamte vom Staat bezahlt (inkl. Pensionen). Durch die Steuerbefreiung verzichtet der Staat auf 20 Milliarden Einnahmen pro jahr. Die Abzugsfähigkeit der Kirchensteuer kostet den Steuerzahler rund 6,8 Milliarden pro Jahr.


Das Kirchenvermögen deponieren die Kirchenkonzerne auf auf zwölf kirchlichen Banken — z.B. der Katholischen Kölner Pax-Bank oder der Evangelischen Darlehnsgenossenschaft Kiel. Frerk berechnete die Einlagen kirchlicher Konzerne bei den religiösen Geldinstituten auf insgesamt 42 Milliarden Mark.

Obwohl die Kirchenkonzerne immer über sinkende Steuereinnahmen klagen, sind diese immer stärker gestiegen. Noch 1997 waren es 7,5 Milliarden Mark weniger. Dabei verschweigen die Bilanzen der Kirchenbanken bewusst Kirchen-Depots mit den Aktien und Investmentpapieren.

Diese "unsichtbaren Depots" eingerechnet, steigt die Gesamtsumme der Anlagegelder, auf etwa 50 Milliarden Mark. Die kirchlichen Banken sind nur ein kleiner Anteil der Kirchenfinanzen. Nach Frerks Einschätzung haben die Kirchen bei "weltlichen" Geldhäusern dreimal so viel Konten wie bei den kirchlichen Banken. Die Gesamtsumme aller kirchlichen Geldeinlagen schätzt Frerk auf 170 Milliarden Mark. Kircheneigene Bauunternehmen, Versicherungen oder Siedlungsunternehmen werfen genauso Millionengewinne ab wie die Kolping-Hotels, CVJM-Herbergen und kirchliche Reiseunternehmen, die alleine mit kirchlichen Gruppenreisen mindestens zwei Milliarden Umsatz pro Jahr machen.

Der Ratsvorsitzende des Evangelischen Kirchenkonzerne (EKD), Manfred Kock, dementiert frech Angaben zu Kirchenvermögen: Das Vermögen würde überschätzt werden. Der Konzern würde nur über die "uns gesetzlich zustehenden Rücklagen" verfügen, die nur für drei Monaten reichen sollen...

Die beiden Großkirchen gaben zuletzt für 1993 Einnahmen von 5,1 Milliarden Mark aus Vermögen an, das entspricht bei einem Zinssatz von fünf Prozent rund 102 Milliarden Mark Vermögen. Dabei nicht eingerechnet sind die Wohlfahrtsverbände und Hilfs- und Missionswerke. Misereor finanziert sich zu 49% aus staatlichen Steuergeldern, zu 41% aus privaten Spenden, und nur 8 Prozent stammen aus Eigenmittel. Warum Misereor als "Bischöfliches Hilfswerk" firmiert, "bleibt unerklärlich".

Untersucht hat Frerk Landeskirchen und Diözesen, wie das Erzbistum Köln. Dieser gilt mit 2,3 Millionen katholischen Mitgliedern als reichstes Bistum in Deutschland. Doch dabei bedient man sich eines Tricks: Das Vermögen gehört nicht dem Erzbistum, sondern dem "Erzbischöfliche Stuhl zu Köln". So können rechtlich Vermögen und Einnahmen legal im Diözesanhaushalt verschwiegen werden, weil "Bischöflichen Stühle" ihre Etats privat verwalten.

Durch das Generalvikariat besitzt der Kölner Bischofsstuhl (Kardinal Joachim Meisner) etwa 40 Prozent vom Grundkapitals der "Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH" mit 22 000 Wohnungen im Rheinischen. Dabei wird der Marktwerk der bischöflichen Anteile auf rund 1,9 Milliarden Mark geschätzt. Vom Jahresgewinn 1998 flossen 3,7 Millionen Mark in die Kassen des Erzbischof.

Update 2024: Mittlerweile gehört die "Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH" (ASW) den Erzbistümern Köln und Paderborn sowie den Bistümer Trier, Münster und Aachen. Das Unternehmen verwaltet mit seinen Tochterunternehmen rund 26 500 Wohnungen (Stand 04/2021) in NRW, Rheinland-Pfalz und Berlin. Dabei handelt es sich oft um Sozialwohnungen, deren Mieteinnahmen durch staatliche Leistungen garantiert sind. 2020 wurde eine Bilanzsumme von 832 Millionen Euro ausgewiesen. Die 100-prozentige Tochter Aachener Grundvermögen Kapitalanlagegesellschaft verwaltet Immobilienfonds mit einem Sondervermögen von knapp 8 Milliarden Euro (Stand April 2021).

Weitere Kirchen Vermögen sind Medien-Beteiligungen. So gehörte die Augsburger Weltbild-Gruppe 15 Bistümern. Weltbild ist mittlerweile Insolvent. An der Tellux Beteiligungsgesellschaft sind acht Bistümer der katholischen Kirche als Mehrheitsgesellschafter beteiligt. Die TV-Firma produziert kirchliche Filme wie "Nikolaikirche" oder Krimis wie "Der Discokiller" aus der Serie "Polizeiruf 110". Presseanfragen werden nicht beantwortet. Frerk fand er heraus, dass der Umsatz mit Verlagen mindestens 1,5 Milliarden und in der Filmbranche rund 68 Millionen Mark betrug. Filmförderungen noch nicht eingerechnet.

Ein großes Vermögen stellen auch Kleinteile wie Kelche, Reliquiare und Monstranzen dar, in kirchlichen Museen oder Tresoren. Sie haben mehr symbolischen Wert, aus demem man wenig Kapital schlagen kann. Deshalb führt Frerk diese unter "Kunst, Sakrales und Unverkäufliches".


An dieser Stelle sei an verschiedene Dokumentationen verwiesen, die teilweise noch auf YouTube zu finden sind. Suchen Sie einmal auf YouTube nach dem Begriffen "Der Reichtum der Kirche". Dann tauchen mit Sicherheit auch viele weitere Dokumente in diesem Kontext auf. Viel Spaß beim schauen.

Die millardenschweren Subventionen (Fö,rderungen) des Staates an die Kirchen
Tabelle aus Frerks Buch

Verzicht auf Einnahmen:
3,50 Mrd. Euro - Absetzbarkeit der Kirchensteuer
1,40 Mrd. Euro - Befreiung von Zinsabschlags- und Kapitalertragssteuer
1,20 Mrd. Euro - Befreiung von der Umsatzsteuer
0,15 Mrd. Euro - Sonstige Befreiungen
6,25 Mrd. Euro - Verzicht auf Einnahmen gesamt.

Direkte Subventionen (unvollständig)
2,45 Mrd. Euro - Kofession. Religionsunterricht
0,62 Mrd. Euro - Ausbildung der Theologen
1,00 Mrd. Euro - Ersparnis durch staatl. Einzug der Kirchensteuer
0,04 Mrd. Euro - Denkmalpflege
0,03 Mrd. Euro - Militärseelsorge
0,72 Mrd. Euro - Zahlungen der Bundesländer
2,50 Mrd. Euro - Zahlungen der Kommunen (geschätzt, v.a. Baubereich, Geschenke, Kultur)
0,05 Mrd. Euro - Baulast-Verpflichtungen
0,19 Mrd. Euro - Zuschüsse an Missionswerke u.a.
0,30 Mrd. Euro - Sonstiges, z.B. Orden, Medien, Kirchentage
7,90 Mrd. Euro - Direkte Subventionen (zirka)

Staatliche Subventionen an die Kirchen zusammen: 14,15 Mrd. Euro

Quellen anzeigen Carsten Frerk: Finanzen und Vermögen der Kirchen in Deutschland
Buchbesprechung im Spiegel, 49/2001 - 03. Dezember 2001
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,171699,00.html
G. Rampp, Bund für Geistesfreiheit, Augsburg

Interessante Internetseiten:
https://web.archive.org/web/20111109092203/http://buerger-beobachten-kirchen.de/
https://web.archive.org/web/20200222190926/http://kirchensteuern.de/
https://www.theologe.de/theologe12.htm
https://web.archive.org/web/20240626191640/https://theologe.de/theologe12.htm
https://www.carstenfrerk.de/wb/buecher.php
https://stop-kirchensubventionen.de/