Der Mythos des Slender Man

Der Slender Man (dt. Der schlanke Mann) ist ein moderner Mythos, also ein fiktives Wesen der Internetkultur. Er wurde 2009 für einen Internet-Fotowettbewerb erfunden und trat anschließend als Meme in Fotos, Videos, Liedern, mehreren Computerspielen und in dem gleichnamigen Kinofilm Slender Man (2018) auf.

Beschreibung

Aussehen: Der Slender Man wird als hochgewachsene, auffallend dünne, humanoide Figur beschrieben. Er trägt in der Regel einen schwarzen Anzug, ein weißes Hemd und eine schwarze Krawatte, dazu schwarze Handschuhe und schwarze Schuhe. Der Kopf ist vollkommen weiß und in den meisten Darstellungen ohne jegliche Gesichtszüge. In vielen Animationen (besonders in Videospielen) kann der Slenderman seine Gliedmaßen unnatürlich lang strecken.

Verhalten: Dem Internetmythos zufolge hält sich der Slenderman bevorzugt nachts in dunklen Wäldern oder waldreichen Parks auf. Er agiert lautlos, bewegt seinen Körper und dessen Gliedmaßen nicht — dafür besitzt er jedoch die Fähigkeit, sprunghaft zu teleportieren. Er stellt seinen Opfern eine Weile nach, zermürbt sie dadurch und hetzt sie anschließend zu Tode oder fängt sie ein und tötet sie dann. In einigen, ergänzten Varianten des Mythos werden die Opfer an Bäumen aufgespießt und ausgeweidet vorgefunden, oder sie verschwinden spurlos.

Geschichte

Am 10. Juni 2009 veröffentlichte Eric Knudsen unter dem Pseudonym Victor Surge zwei modifizierte Bilder im Forum der amerikanischen Website Something Awful für einen Wettbewerb, in dem es darum ging, paranormale Figuren oder Geschehnisse in Bilder einzuarbeiten. Knudsen nannte das Wesen anfangs schlicht The Slender Man (dt. "Der schlanke Mann"). Die beiden Fotos, die Kinder und eine schattenhafte, dünne Gestalt im Hintergrund zeigen, bildeten den Anfang eines Internet-Phänomens, zu dem zahlreiche anonyme Benutzer eigene Fotos, Geschichten und Videos beisteuerten. Vor allem die Videoserie Marble Hornets, die vorgeblich echte Aufnahmen mit dem Slenderman nach Art von Blair Witch Project zeigt, erreichte auf YouTube bereits über 400.000 Abonnenten.

Fiktiver Ursprung

Die erste Sichtung des Slenderman sei bereits 1986 in Stirling in Schottland erfolgt, eine Woche, bevor die Stirling-Bibliothek abbrannte. Polizisten hätten nach dem Brand, dessen Ursache ungeklärt blieb, zwei Bilder beschlagnahmt, auf denen der Slenderman zu sehen sei. Allerdings soll es angeblich bereits Bilder aus der Zeit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert geben, wo Arbeiter vor einer Fabrik und der Slenderman im Hintergrund zu sehen seien.

Kritik, Tötungsversuch und gewalttätige Attacken

Ähnlich wie andere fiktive Figuren (unter anderem der maskierte Ghostface aus dem Horrorfilm Scream) gerät auch die Figur des Slenderman regelmäßig in die Kritik — insbesondere von US-amerikanischen Eltern. Diese sehen in vielen fiktionalen Figuren eine bedenkliche bis bedrohliche Beeinflussung junger Heranwachsender. Im Juni 2014 heizte ein Fall aus dem US-Bundesstaat Ohio die öffentliche Debatte um fiktionale Figuren an, nachdem ein 13-jähriges Mädchen mit einem Küchenmesser auf die heimkehrende Mutter eingestochen hatte. Örtlichen Behörden und Anwohnern zufolge war das Mädchen von der Figur des Slender Man regelrecht besessen gewesen. Während der Attacke soll es eine weiße Maske in Slenderman-Manier getragen haben. Slenderman-Erfinder Eric Knudsen drückte öffentlich sein Bedauern aus, wies jedoch darauf hin, dass die Figur des Slender Man weder Heranwachsende dazu bewusst anleitet, Menschen zu verletzen oder zu töten, noch selbst jemals sichtbare Gewalt ausübt.

Im US-Bundesstaat Wisconsin versuchten Anfang Juni 2013 zwei Mädchen, eine gleichaltrige Mitschülerin durch 19 Messerstiche zu töten, um Slender Man zu gefallen. Den beiden 12-jährigen Täterinnen drohten bei Verurteilung nach Jugendstrafrecht bis zu 5 Jahre oder nach Erwachsenenstrafrecht bis zu 65 Jahre Haft. Eines der Mädchen wurde am 22. Dezember 2017 von einem Gericht in Waukesha dazu verurteilt, 25 Jahre in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt zu verbringen. Das andere Mädchen wurde zu 40 Jahren Aufenthalt in einer geschlossenen psychiatrischen Anstalt verurteilt.

Literatur

• Sally R. Munt, Olu Jenzen: The Ashgate Research Companion to Paranormal Cultures. Ashgate Publishing Ltd., Burlington 2014, ISBN 1472406125

• Alexandra Heller-Nicholas: Found Footage Horror Films: Fear and the Appearance of Reality. McFarland, Jefferson (North Carolina) 2014, ISBN 1476613214

Quellen anzeigen https://de.wikipedia.org/wiki/Slender_Man