Weltreligionen im Blickpunkt: Glaube im Zeitalter des Internet. Sie ist mit Abstand die einzige Weltreligion, die sich über regen Zulauf freuen. Deutschland spricht der Weltreligion Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters — trotz Religionsfreiheit und Gleichheit vor dem Gesetz — das Recht auf eine Religionsgemeinschaft ab. Der Fall geht nun vor den Europäischen Gerichtshof.
Das Fliegende Spaghettimonster (FSM) ist der Name der Gottheit der im Juni 2005 von dem amerikanischen Physiker Bobby Henderson gegründeten Weltreligion und gleichzeitig eine Religionsparodie, die zur Verteidigung der anerkannten Evolutionslehre entstand. Nachdem pseudowissenschaftliche Intelligent Design (Kreationismus) neben der Evolutionstheorie im Biologieunterricht an mehreren US-amerikanische Schulen gelehrt werden sollte.
Die Gründung der Kirche des fliegenden Spaghettimonsters geht auf einen offenen Brief zurück, den Henderson an den Schulbezirk von Dover, Pennsylvania, richtete. In diesem Brief forderte er die Schulbehörden auf, auch seine eigene Religion, die Verehrung des fliegenden Spaghettimonsters, im Unterricht zu berücksichtigen, wenn sie das Intelligent Design lehren wollten. Henderson argumentierte, dass es keine objektiven Beweise für das Intelligent Design gebe und dass die Lehre von der Evolution durch natürliche Selektion in der Wissenschaft fest verankert sei. Seine humorvolle und provokante Herangehensweise erregte Aufmerksamkeit und führte zu einer breiteren Diskussion über die Rolle der Religion im Bildungswesen.
Die FSM ist nicht nur eine Religion, sondern auch eine Bewegung, die sich für die Trennung von Kirche und Staat sowie für die Förderung von wissenschaftlicher Bildung einsetzt. Die Anhänger ("Pastafarianer") nutzen Humor, um auf die Absurditäten dogmatischer Glaubenssysteme hinzuweisen und die Menschen dazu zu ermutigen, kritisch zu denken.
Die zentrale Philosophie der Kirche des fliegenden Spaghettimonsters ist eine Mischung aus Skepsis, Humor und der Betonung der wissenschaftlichen Methode. Die Anhänger glauben, dass das fliegende Spaghettimonster die Welt erschaffen hat und dass alle Beweise für diese Schöpfung in Form von Pasta und Fleischbällchen in der Welt sichtbar sind. Diese Glaubensüberzeugung ist nicht als ernsthafte religiöse Lehre zu verstehen, sondern vielmehr als eine satirische Kritik an dogmatischen überzeugungen.
Wichtiger Bestandteil der FSM-Philosophie ist der Glaube an die "Noodly Appendage", eine übernatürliche Kraft, die das Universum lenkt und die Menschen dazu aufruft, freundlich und respektvoll miteinander umzugehen. Die Pastafarianer betonen die wichtige Bedeutung von Toleranz, offenen Dialogen und dem Respekt vor unterschiedlichen Ansichten. Sie lehnen Intoleranz und Dogmatismus ab und fordern, dass Wissenschaft und Religion in einem produktiven Dialog stehen.
Die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters hat eine Vielzahl von Ritualen und Bräuchen entwickelt, die oft humorvoll und ironisch sind. Eines der bekanntesten Rituale ist der "Talk Like a Pirate Day", der jährlich am 19. September gefeiert wird. An diesem Tag ermutigen Pastafarianer die Menschen, sich wie Piraten zu kleiden und zu sprechen, was auf den angeblichen Einfluss von Piraten auf das Wetter zurückzuführen ist. Dieser Feiertag ist neben dem Ausdruck des Humors der Kirche, sondern auch ein Hinweis auf die Bedeutung von Gemeinschaft und Zusammengehörigkeit.
Ein weiteres wichtiges Ritual ist das "Pastafarianische Festmahl", bei dem Nudelgerichte in verschiedenen Variationen zubereitet und genossen werden. Dieses Festmahl symbolisiert die Verbindung zwischen den Anhängern und dem fliegenden Spaghettimonster und dient als Gelegenheit, gemeinsam Zeit zu verbringen und die Werte der Kirche zu feiern.
Die Kirche hat auch eine Reihe von Feiertagen etabliert, darunter den "Nudeltag" und den "Feiertag der fliegenden Spaghetti". Diese Feiertage sind oft mit humorvollen Traditionen und Bräuchen verbunden, die die Absurdität des Glaubenssystems unterstreichen und gleichzeitig die Gemeinschaft der Pastafarianer stärken.
Die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters hat sich nicht nur als humorvolle Bewegung etabliert, sondern spielt auch eine wichtige Rolle im gesellschaftlichen Diskurs über Religion und Wissenschaft. Durch ihre satirische Herangehensweise hat sie es geschafft, die Aufmerksamkeit auf die Probleme der religiösen Indoktrination in Schulen und den Einfluss von Dogmatismus auf die Gesellschaft zu lenken. Die FSM setzt sich dafür ein, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in Bildungseinrichtungen gefördert werden und plädiert für eine klare Trennung zwischen Kirche und Staat.
Grosser Einfluss hat die Kirche in Florida, wo die Erlaubnis beantragt wurde, eine Pastafarianische Trauung durchzuführen. Die zuständigen Behörden lehnten den Antrag zunächst ab, doch die öffentliche Diskussion, die darauf folgte, führte dazu, dass die Rechte der Pastafarianer anerkannt wurden. Dies zeigt, dass die FSM nicht nur eine humorvolle Bewegung ist, sondern auch eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den Themen Glauben, Recht und gesellschaftliche Normen anstoßen kann.
Trotz ihrer humorvollen Natur ist die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters nicht ohne Kontroversen und Kritik geblieben. Viele Menschen, insbesondere aus konservativen religiösen Kreisen, sehen die Bewegung als respektlose Verhöhnung des Glaubens und der Religion im Allgemeinen. Kritiker werfen der Kirche vor, dass sie den Glauben lächerlich mache und die Werte, die viele Menschen als heilig betrachten, untergrabe.
Die Religion der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters will nicht den Glauben anderer Menschen zu beleidigen oder zu diskreditieren. Vielmehr ist sie ein Aufruf zur Reflexion über die Rolle von Religion in der Gesellschaft und die Notwendigkeit, wissenschaftliche Bildung zu fördern. Die Kirche fordert dazu auf, Glauben und Wissenschaft in einen Dialog zu bringen, anstatt sie als unvereinbare Gegensätze zu betrachten.
Die Kirche des fliegenden Spaghettimonsters ist ein faszinierendes Beispiel für die Verwendung von Satire, um komplexe gesellschaftliche Fragen zu thematisieren. Indem sie Humor und Ironie nutzt, regt sie zur Reflexion über die Rolle von Religion und Wissenschaft in der modernen Welt an. Die Bewegung hat sich als Plattform etabliert, die nicht nur Spaß und Gemeinschaft bietet, sondern auch ernsthafte Diskussionen über Glauben, Toleranz und die Bedeutung von Bildung anstößt. In einer Zeit, in der die Grenzen zwischen Glauben und Wissenschaft oft umstritten sind, bleibt die FSM ein erfrischendes Beispiel für kreatives Denken und kritisches Bewusstsein.
Eigentlich steht im Grundgesetz, eine Art Befehls-Verfassung, die Religionsfreiheit und auch die Gleichheit vor dem Gesetz. Doch das interessiert die Behörden in Deutschland offenbar wenig.
In der Stadt Templin wurde in Deutschland die erste Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters gegründet. Anfangs wurde die Kirche auch auf der Homepage des Dorfes anzeigt — wie die anderen Kirchen auch. Doch auf Druck der Großkirchen wurde der Eintrag entfernt.
Auch die GEZ weigert sich verschiedene Religionen und deren Gebührenbefreiung anzuerkennen und damit die Befreiung vom Rundfunkbeirag. Das musste der Vorsitzende des Bundes für Geistesfreiheit (BfG) feststellen, der im Clinch mit der Gebührenabteilung des Bayerischen Rundfunks lag, und zwar vor dem Verwaltungsgericht München. Dies wies allerdings seine Klage ab.
Und das, obwohl Michael Wladarsch vor zwei Jahren sein Büro mit Nudelwasser dem "Fliegenden Spaghettimonster" geweiht hatte. Nun wollte er, wie jede andere anerkannte Kirche, einen Erlass der Rundfunkgebühren. Nach dem Rundfunkstaatsvertrag sind Betriebsstätten mit gottesdienstlichen Zwecken von der Rundfunkgebühr befreit. Der BR erkannte die Weihewirkung von Nudelwasser nicht an und besteht auf einem "religionstypischen Widmungsakt".
Selbst in der neuen DDR bekämpft man die kritische Kirche und ihre Religion. Im Kampf um die Erlaubnis auf ihre Nudelmessen hinzuweisen hetzte sogar die brandenburgische Landesregierung, als Kulturministerin Sabine Kunst (SPD) öffentlich bekannt gab, das sie nichts von Gleichberechtigung halte, weil die Weltreligion der "Spaghettimonster-Kirche" keine Kirche sei "ohne ernsthafte religiöse Substanz" handele. Wer entscheidet das? Die SPD? Gleichzeitig erkennt man andern Unsinn an, sog. "Religionen" von unsichtbaren Gottheiten usw...
∎