Bei Kristallschädeln handelt es sich um aus Bergkristall oder anderen Edelsteinen gearbeitete Nachbildungen menschlicher Schädel, von denen immer wieder behauptet wird, sie seien Produkte mittel- oder südamerikanischer Hochkulturen (Inka, Maya oder Azteken), selbst Aliens wurden in Betracht gezogen. Die Zuschreibung zu indianischen Hochkulturen stützt sich aber lediglich auf Behauptungen und ist nicht durch nachprüfbare archäologische Befunde oder unabhängige historische Dokumente untermauert. Das Alter und die genaue Herkunft dieser Kristallschädel sind daher bis heute umstritten, und wiederholt wurden bisher in Museen ausgestellte Kristallschädel als Fälschungen identifiziert.
Die Wissenschaftler halten die Kristallschädel für modernere Anfertigungen, die im 19. Jahrhundert im rheinland-pfälzischen Idar-Oberstein, einem Zentrum der europäischen Kristallschleiferei, entstanden sind. Die elektronenmikroskopische Untersuchung des Londoner Kristallschädels förderte Bearbeitungsspuren zutage, wie sie nur von neuzeitlichen Schleifwerkzeugen verursacht werden.
Diese Annahmen decken sich mit den frühesten Erwänungen über die Existenz der Kristallschädel aus dem 19. Jahrhundert. Bis heute gibt es immer wieder Behauptungen, es sich um altertümliche Artefakte handle anstatt moderne Fälschungen. Ein Problem ist, dass sich das Alter von Kristallbearbeitungen nicht exakt datieren lassen. Es wird versucht, dies über Spuren von sehr regelmäßigen, nur von Maschinen erzeugbaren Abrieb- und Polierspuren festzustellen.
Der bekannteste, lebensgroße Kristallschädel mit einem Gewicht von 5,3 kg wurde angeblich 1924 in Lubaantun im damaligen Britisch-Honduras (heute Belize) von der 17-jährigen Anna Mitchell-Hedges entdeckt, als sie ihren Adoptivvater Frederick Albert Mitchell-Hedges (1882-1959) bei einer Ausgrabung begleitete, bei der dieser davon überzeugt war, Atlantis entdeckt zu haben.
Nach einer anderen Quelle hatte Mitchell-Hedges den Kristallschädel im Jahr 1943 für 400 Pfund bei Sotheby's vom Vorbesitzer Sidney Burney ersteigert. Besonders hervorzuheben ist neben seiner nahezu perfekten Bearbeitung, dass er im Unterschied zu den meisten anderen Kristallschädeln einen abnehmbaren Unterkiefer besitzt, der aus dem gleichen Stück Kristall wie der Schädel gearbeitet ist. Diese Tatsache und die große Ähnlichkeit zum besser untersuchten Londoner Schädel führen Wissenschaftler zu der Vermutung, dass es sich auch hierbei um eine Fälschung handelt.
Frank Dorland, einer der Autoren, die die Schädel einem breiten Publikum vorstellten, kam zum Schluss: Wenn man übernatürliche Kräfte oder heute nicht mehr bekannte Techniken der Bearbeitung aus dem Spiel ließe, hätten die Maya den Kristallschädel mit manueller Politur jahrhundertelang bearbeiten müssen. Bei etwa zwölf Stunden Arbeit pro Tag am Objekt wäre dieser Theorie zufolge der Schädel erst nach 1600 Jahren fertiggestellt gewesen. Jedoch ist die Bearbeitung von Bergkristall eher unproblematisch. In Europa sind die Techniken zur Bearbeitung seit Jahrhunderten bekannt, wie beispielsweise aus Bergkristall gefertigte Trinkgefäße aus der Zeit des Barocks zeigen, die im Dresdner Grünen Gewölbe gezeigt werden.
Der Londoner Kristallschädel ist dem Mitchell-Hedges-Schädel sehr ähnlich, besitzt aber keinen abnehmbaren Unterkiefer. Er wurde angeblich im 19. Jahrhundert in Mexiko entdeckt und ist in der Welcome Gallery des Britischen Museums ausgestellt.
Ein Expertenteam des Britischen Museums veröffentlichte Untersuchungsergebnisse, die den indianischen Ursprung des Londoner Schädels in Frage stellen. Elektronenmikroskopische Analysen wiesen auf der Kristalloberfläche Spuren nach, die auf den Einsatz von Schleifrädern hinweisen, die aber wiederum in den amerikanischen Hochkulturen nicht verwendet wurden. Das Team wies darüber hinaus darauf hin, dass die Kristallart des Schädels zwar in Mexiko nicht vorkomme, aber sehr wohl aus Brasilien bekannt sei. Vor dem Hintergrund dieser Erkenntnisse kam das Team zu dem Schluss, dass es sich um eine Arbeit aus dem 19. Jahrhundert handle, die möglicherweise in Deutschland ausgeführt und als angeblich echtes Fundstück der aztekischen Kultur verkauft worden sei.
Dieser Kristallschädel ist deutlich kleiner als Lebensgröße, besteht aus trübem Quarz und ist auch gröber gearbeitet als der Mitchell-Hedges- und der Londoner Schädel. Er befindet sich im Musée du quai Branly. Auch er wurde angeblich in einem Grab in Mittelamerika entdeckt, allerdings ist mittlerweile anhand von Spuren von Eisen nachgewiesen, dass der Schädel mit modernen Fräsen bearbeitet wurde. Zudem war Eisen den präkolumbischen Völkern noch unbekannt. Außerdem spricht das auffällige Loch, das senkrecht durch den Schädel gebohrt wurde, gegen eine aztekische Herkunft, da diese die Schädel ihrer Opfer horizontal durchbohrten. Vermutlich wurde der Schädel von dem Antiquar Eugéne Boban gefälscht und nach Frankreich eingeführt.
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