15.000 selbsternannte Geistheiler (Wunderheiler, Lichtarbeiter, Energiearbeiter, Alternativmediziner) bieten in Deutschland ihre Dienste an und ziehen gutgläubigen Hilfesuchenden das Geld aus der Tasche. Sie erwirtschaften geschätzt vier Milliarden Euro pro Jahr. Alternative Medizin — Alternative Wahrheiten.
Sie nennen sich Geistheiler, Wunderheiler, Lichtarbeiter, Homöopathen, Handaufleger, Energetiker, Energetische Heiler, Engeltherapie, Alternativmediziner, Bach-Blütentherapie, Bioresonanz oder Spirituelle Heiler. Die Branche ist sehr einfallsreich.
Das Statistische Bundesamt schätzte 2016, dass es in Deutschland rund 43.000 Heilpraktiker und Homöopathen gibt. Hinzu kommen schätzungsweise 15.000 Geistheiler.
Im Vereinsbuch "Bibel" der christlichen und jüdischen Sekten findet sich Hinweise auf Wunderheilungen: In 1 Kor 12,9 werden Geistheiler angesprochen, Wunderheilungen durch Handauflegen zum Beispiel bei Lukas (Lk 4,40).
Wir erinnern uns an die Philippinische Heiler, die vorgaben mit bloßen Händen Operationen durchzuführen. Sämtliche dieser Heiler wurden des Betrugs überführt. Viele Zauberkünstler haben mittlerweile die Tricks veröffentlicht.
Zusammengeschlossen haben sich die Geistheiler in dem Dachverband Geistiges Heilen e.V. ("Geistige Heilweisen von Handauflegen und Reiki bis hin zu Quantenheilung").
Sie behaupten von sich, über "geistige (oder heilerische) Kräfte" zu verfügen und alle Arten von Krankheiten heilen zu können, von Aids (HIV) bis Krebs.
Viele bieten auch "Fernheilung" per Telefon an. Kostenpunkt: zwischen 50 und 1.000 Euro.
Manche werben mit einem Siegel "geprüfter Heiler", andere verkaufen für 1000 Euro CD's mit positiven Schwingungen, wie eine Heilerin in Chiemgau.
Wunderheiler sind — unter gewissen Umständen — von der Berufsfreiheit geschützt, das entschied das Amtsgericht Gießen. Begründung: Geistheiler üben im Gegensatz zu z.B. erlaubnispflichtigen Heilpraktiker kein Heilberuf aus. Vorraussetzung ist, dass die angeblichen Wunderheiler Patienten nicht täuschen oder seine Kunden abrät, auch richtige Ärzte aufzusuchen.
1977 entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass immer eine Heilkunde vorliege, wenn eine evtl. Heilung möglich sei. Nur die Zusicherung, "die Hilfe Gottes für den Kranken zu erbitten" sei erlaubt. (Az.: 1 StR 389/77)
2004 machte der Bundesgerichtshof (BGH) eine Kehrtwende: Dieser hatte entschieden — und darauf verwies das AG Gießen — dass Wunderheiler nicht unter die Regelungen zur Heilkunde fallen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte einen Wunderheiler verurteilt, der mit Handauflegen arbeitete (Az.: 2 BvR 1802/02).
In dem Urteil des Bundesgerichtshof (BGH) heißt es wörtlich: "Ein sogenannter Wunderheiler, der sprituell wirkt und den religiösen Riten näher steht als der Medizin, weckt im Allgemeinen die Erwartung auf heilkundlchen Beistand schon gar nicht. Die Gefahr, notwendige ärztliche Hilfe zu versäumen, wird daher eher vergrößert, wenn geistiges Heilen als Teil der Berufsausübung von Heilpraktikern verstanden wird."
Vor dem Amtsgericht Gießen wurde ein Geistheiler vom Straftatbestand des Betrugs freigesprochen, weil er davon überzeugt sei, heilende Krä,fte zu haben. Angeblich seien manche Kunden geheilt worden. Die anderen behaupten, sie fühlen sich nicht getäuscht oder betrogen. (Az.: 507 Cs 402 Js 7823/11).
Ganz anders sieht die Rechtslage in Österreich aus: Hier will die Bundesregierung dem Treiben dieser Scharlatane ein Ende setzen und Wunderheiler in Zukunft bestrafen lassen.
Unter dem Begriff Geistheilung fallen unter anderem Gebetsheilung, Handauflegen, Reiki, Schamanismus, Seelsorge, Familienaufstellung, teilweise auch Kinesiologie.
Geistheiler unterscheiden zwischen Handauflegen und Fernheilung. Dann gibt es auch Ausnahmen wie etwa Reiki, Exorzismus oder Gesundbeten (auch als Fernheilung).
Es gibt keine wissenschaftlichen Test, die die Wirkung von Geistheilung — über den Placebo Effekt oder die Selbstheilungskräfte hinaus. Dennoch behaupten manche Patienten, das es ihnen nach einer solcher Behandlung — scheinbar — besser geht.
Alternativmedizin, auch Alternative Medizin oder Komplementärmedizin ist ein Oberbegriff für Behandlungsmethoden, für die es keinen wissenschaftlichen Nachweis für eine Wirkung gibt. Sie gelten als unwissenschaftlich oder esoterisch.
Die Sendung RTL Magazin Extra berichtete von einer gemeinsamen Recherche von RTL und CORRECTIV über die Geistheilerin Sabine Rohwer. Während der Behandlung ändert die 35jährige Radiomoderatorin Maria Signer ihre Einstellungen, hat plötzlich Angst vor angeblich krebsauslösenden Pilzen im Schwimmbad und trinkt kein Wasser mehr aus Plastikflaschen. Sie hat Angst vor Strahlung: Handy im Auto ist tabu, wie auch der genauso wie Fernsehen.
Ihr Ehemann Reimann weiß nicht mehr weiter und zieht aus. 2012 erkrankt die Schwester von Maria an Krebs und stirbt. Maria ist von der Schulmedizin enttäuscht. Im Oktober wird bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Sie wendet sich wieder an die Geistheilerin. Sie setzt auf Alternativmedizin und lehnt Chemotherapie, Hormonbehandlung oder Betrahlung ab. Es folgen drei Monate Heilfasten bei Geistheilerin Sabine Rohwer. Danach glaubt Maria, der Krebs sei besiegt. Doch die Nachsorgeuntersuchung widerspricht dieser Meinung.
2014 sind Reimann und Maria wieder zusammen. Ende 2014 entdeckt Maria Hubbel an Schulter und Kopf. Sie wendet sich wieder an ihre Geistheilerin. Keine Änderung. Im Januar 2015 bricht Maria zusammen: Der Brustkrebs ist zurück und auf Haut, in Lymphknoten, Lunge und Gehirn vorgedrungen. Die Hubbel sind Metastasen.
Maria will in das Zentrum der Heilerin ("Animata Charité) umziehen, das nach Angaben auf der Homepage "stets im Austausch mit Ärzten" ist. Ihr Ehemann willigt notgedrungen ein. Bei einem Besuch seiner Freundin Maria in dem Zentrum wird er des Hauses verwiesen — seine kritische Einstellung störe. Er solle Vertrauen haben.
Die Rechnungen der Heilerin werden immer höher. Zuletzt rund 18.000 Euro im Monat. Marie geht es immer schlechter. Die Heilerin blockiert die Behandlung durch Ärzte. Maria geht nur noch in Notfällen zu den Schulmedizinern, etwa nach einem Ohnmachtsanfall. Am 30. August 2016 stirbt Maria Signer. Am Ende hat ihr Freund Reimann rund 290.000 Euro an die Animata GmbH und Animata Charité in 16 Monaten bezahlt.
Ihr Freund Reimann erstattete Strafanzeige wegen gewerbsmäßigen Betruges, Wuchers, Misshandlung Schutzbefohlener, unterlassener Hilfeleistung und vorsätzlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft Lübeck ermittelt. Reimann wendet sich auch die den Dachverband Geistiges Heilen. Doch von dort erhielt er nur die Antwort, dass man nicht zuständig sei, weil die Geistheilerin Rohwer persönlich beim Verband Mitglied sei und nicht die Animata GmbH.
Heilerin Rohwer ist bekannt in der Szene, hat viele angebliche Heiler selbst ausgebildet. Rohwer praktiziert bis heute, ist nun aber Geschäftsführerin eines neuen Zentrums, der Holistic Care GmbH in Hamburgs bester Lage. Auf ihrer Homepage präsentiert sich sich als "anerkannte Heilerin nach den Richtlinien des Dachverbands Geistiges Heilen e.V."
Sie finden die Sendung auf Youtube unter:
https://www.youtube.com/watch?v=8hgQgjTgzNA
Der Belgier Luc S. hatte kurzzeitig eine Wohnung in Köln und hat hier als Geistheiler praktiziert. Die ehemalige Patientin Monika G. bezichtigt ihn den Betrugs. Am Ende wird er freigesprochen.
Die promovierte Lehrerin Monika G. behauptet vor Gericht, dass der Heiler ihr "zu 100 Prozent versprochen" hatte, die magische Behandlung habe Erfolh. Vertraglich vereinbarte man eine Beschwörung der Seelen ihrer verstorbenen Großeltern, Medidation, Reinigungsrituale und ein Coaching. Ziel war es, dass Monika G. einen Partner findet und zur Oberstudienrätin befördert wird. Nachdem der Heiler mehr Honorar fordert, um durch "Beten" aus der Ferne "Blockaden" aufzulösen, brach sie die Behandlung ab und wendete sich an eine Anwältin.
Heute kommt sie sich "bescheuert", sich auf eine solche "Heilung" eingelassen zu haben. "Es war eine Glaubensfrage, mit Intelligenz hat das nichts zu tun". Die beiden Verteidiger des Heilers behaupten, der Heiler habe ihr unbestreitbar geholfen. Eine Erfolgsgarantie habe es nicht gegeben und damit liege der Straftatbestand nicht vor. Die Rückzahlungsansprüche seien wegen des nicht zustande gekommenen Coaching zivilrechtliche zu klären.
Die Verteidiger des Heilers berufen sich auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom Januar 2011 zur Wahrsagerei. Darin heißt es: "Ein Kunde muss für magische Leistungen zahlen, wenn er diese im Bewusstsein darüber erkaufte, dass die Geeignetheit und Tauglichkeit dieser Leistungen zur Erreichung des von ihm gewünschten Erfolgs rational nicht erklärbar ist."
Der Heiler wurde freigesprochen. Der Richter am Amtsgericht betonte, er habe nicht zu entscheiden, ob Geistheilung möglich sei, sondern nur, ob der Heiler seine Kunden betrogen habe. Das sei nicht der Fall. Sie habe seine Leistungen im Glauben, sie täten ihr gut, in Anspruch genommen. Weiterhin sei sie indirekt ermutigt worden, sich um eine bessere Stellung zu bemühen. Insgesamt 27.600 Euro hatte die Lehrerin an den Heiler gezahlt.
Anfang 2018 besuchte der ukrainische Geistheiler Wladimir Muntyan, der sich selbst Apostel nennt, Berlin-Neukölln für einen Auftritt.
Prompt kam Kritik aus Stadt und Kirche. Neuköllns Gesundheitsstadtrat Falko Liecke (CDU) warnte öffentlich vor falschen Heilsversprechungen durch "Massengebete". Das Neuköllner Bezirksamt duldete die Veranstaltung.
Der Referent für Weltanschauungsfragen bei der Evangelischen Zentralstelle in Berlin, Michael Utsch, riet ebenfalls von einem Besuch ab: "Das ist ein Missionar, der offenbar wirklich glaubt. Außerdem geht es ihm offenbar nicht in erster Linie darum, Geld zu verdienen."
CDU und Kirche kritisieren praktisch genau das, was sie selbst praktizieren, daher unsere Warnung:
Kein Politiker ist seriös, wenn er von Demokratie in Deutschland spricht. Immer vertreten Parteien Minderheiten, etwa bei der CDU 30 Prozent, die SPD 20 Prozent usw. Im Interesse des Steuerzahlers wird selten gehandelt. Es geht immer darum, Steuergelder in die eigene Tasche zu stecken...
Vertrauen Sie keine selbst ernannte Vertreter Gottes — egal welcher Kirche — wenn sie von von angeblichen Göttern sprechen. Auch Kirchen geht es immer nur um Geld. Oder haben Sie einmal ein Projekt von Kirchen gesehen, das aus eigener Tasche beszahlt wird? Projekte werden in der Regel nur durchgeführt, wenn es überwiegend staatliche Förderungen, also Steuergelder fließen.
Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschied in einem Urteil, dass Geistheiler dem Gesundheitswesen zuzurechnen sind. Das Gericht gab damit der Klage der Berufsgenossenschaft Gesundheitsdienst und Wohlfahrspflege statt, wonach Geistheiler in die gesetzliche Unfallversicherung einzahlen müssen (Az: B 2 U 9/17 R). Verurteilt wurde eine Geistheilerin mit Praxis für energetische Körperarbeit.
Quellen anzeigen
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1091940.amtlich-geistheiler-gehoeren-zum-gesundheitswesen.html
Die Beratungsstellen kennen viele Anfrage von Hilfesuchenden im Bereich Geistheilung: Der Glaube an übernatürliche Kräfte der Heiler ist so groß das viele "Patienten" sich hilfesuchend an Beratungsstellen wenden, weil sie der Meinung sind, dass die Geistheiler sie telepatisch terrorisieren.
Viele Angehörige berichten, dass Geistheiler bei Kritik an ihrem Treiben versuchen, die Patienten von den Angehörige abzukapseln.
In Großbritannien arbeiten Schulmediziner und Geistheiler zusammen. Auf 22.000 niedergelassene Ärzte kommen 14.000 registrierte Heiler. Der britische Gesundheitsdienst übernimmt die Kosten für energetisches Heilen, wenn es Arzt dies verordnet hat.
Das Portal Scienefiles.org fand heraus, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit Steuergelder angehende Geistheiler oder Humanquantenenergetiker oder schlicht Geistige Heiler gefördert hat. Im Rahmen der Bildungsprämie des Ministeriums flossen die Steuergelder. Dabei war egal, ob man an die Heilkraft von Steinen glaubte oder Heiltechniken zur Selbstheilung. Bei der "Deutschen Heilerschule" heißt es, dass jeder beim Ministerium "einen Zuschuss zur Ausbildung zum Geistigen Heiler an der Deutschen Heilerschule in Höhe von 1000 Euro beantragen". Verantwortlich zeichnete die damalige Bundesministern Johanna Wanka (CDU).
Quellen anzeigen
Quelle (Meldung vom 16. Mai 2016):
https://sciencefiles.org/2016/05/16/bmbf-foerdert-angehende-geisterheiler-mit-steuergeldern/
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