Feuerlauf-Seminare erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Auch Firmen schicken ihre Mitarbeiter zum Feuerlaufen. Das stärkt den Zusammenhalt der Gruppe und die Motivation: "Wenn du es geschafft hast, über glühende Kohlen zu laufen, dann kannst du alles vollbringen!".
Beim Feuerlauf laufen Teilnehmer (Feuerläufer) barfuß über einen 5 bis zehn Meter langen Glutteppich aus glühenden Holzkohlestücken (gemessen wurden ca. 240 bis 450 °C) oder heißen Steinen (mit geringer Wärmekapazität).
1989 lief der Karatelehrer Antoine Bagady über ein 60 Meter langes Bett aus glühenden Kohlen, ohne sich Verbrennungen zuzuziehen.
2001 führte das Guinness-Buch den Rekorde für Feuerlauf einer Gruppe von 22 Menschen im Alter von 7 bis 80 Jahren, die einen Glutteppich von 111 Metern durchliefen.
Ein neuer Weltrekord wurde am 13. März 2003 in La Balmondiére (Frankreich) mit 222 Meter und 16 Teilnehmer aufgestellt.
Der aktuelle Weltrekord für Feuerlauf ist seit dem 22. März 2003 bei 250 Meter und wurde in St. Lorenzen/Wechsel (Österreich) aufgestellt.
Hier sei angemerkt, das solche Strecken nur von erfahrenen Feuerläufern versucht werden sollten. Anfänger wird geraten, nicht länger als sieben Sekunden auf dem Kohlenbett zu verbringen. Dabei sollten die Füße trocken und gut durchblutet sein, also vor dem Feuerlauf möglichst warm sein.
Feuerlauf wird heute oft in Feuerlauf-Seminaren angeboten, als Motivations- und Selbsterfahrungslehrgänge oder zum Gruppen-Zusammenhalt. Oft wird behauptet, es gebe keine wissenschaftliche Erklärung für das Phänomen. Demnach sei Feuerlaufen nur möglich, wenn man sich meditativ vorbereitet habe und in Trance befände. Mitunter wird suggeriert, die Macht der Gedanken könne menschliches Gewebe hitzeresistent machen. New Age Bewegungen bieten gleich eine ganze Reihe von Erklärungen an: elektromagnetische Ströme und Thetawellen bis hin zur "Levitation auf heißer Luft". Das ist natürlich alles nur Show. Es ist keine Vorbereitung notwendig.
Bei einem Feuerlauf-Seminar in der Ferienanlage Club Aldiana in Faro (Portugal) zogen sich mehrere Teilnehmer schwere Verletzungen zum Teil zweiten und dritten Grades an den Füßen zu: Falsches Holz (Eiche), eine zu dicke Holzschicht und ungeeigneter Untergrund (Lehm) führten dazu, dass sich die Glut bis zu 2.000°C erhitzen, statt der üblichen 250–500°C.
Während das Feuerlaufen eher ungefährlich ist, wird vom "Glasscherbenlaufen" abgeraten. Glasscherbenlaufen funktioniert nur dann, wenn die Schicht der Scherben dick genug ist – etwa zehn Zentimeter erhöhen den Erfolg. Dabei drücken die unser Körpergewicht tragenden Füße die Scherben nach unten: die unteren Schichten zerbrechen und zerbröseln allmählich – und unseren Füßen passiert nichts, außer vielleicht einem winzigen Stich. Wenn man Pech hat und irgendwo auf einen kleinen Splitter trift, der nicht abtauchen kann, können Verletzungen entstehen. Welches Glas verwendet werden soll, darüber streitet man sich: Eine Meinung ist, das Grüne Mineralwasserflaschen relativ ungefährlich seien, wobei Bierflaschen in kleinere Scherben zerbrechen und die Unfallgefahr erhöhen.
Obwohl die Gluttemperaturen zwischen 200 und 500 Grad Celsius liegen, kommt es nur selten zu Verletzungen. Hat man seine Angst überwunden, muß man die Glut nur schnell genug durchschreiten.
Das Phänomen des Feuerlauf ist Jahrhunderte alt. Die ersten Theorien gingen von der These aus, dass sich beim Feuerlauf auf der Fußsohle eine erhöhe Schweißabsonderung als "Schutzpolster" bildet, ähnlich wie bei einem Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte. Dieser "Leidenfrost-Effekt" entdeckte ein gleichnamiger Arzt im 18. Jahrhundert und beschrieb ein Dampfpolster zwischen dem kugelförmigen Tropfen und der Platte.
Wärmekapazität und Wärmeleitfähigkeit sind die beiden wichtigsten Faktoren, die ein Feuerlaufen ohne Verbrennungen ermöglichen. Holz und Kohle sind schlechte Wärmeleiter und haben eine geringe Wärmekapazität, ebenso die Asche, die die Glut umgibt. (Kohlenstoff, der Hauptbestandteil von Kohle, hat eine Wärmekapazität von 710 J/kg K, aber aufgrund von Verunreinigungen schwankt der Wert für Kohle je nach Sorte). Deshalb kann Kohle Gegenstände, die sie berühren, nur langsam erhitzen, insbesondere Gegenstände aus Material mit hoher Wärmekapazität und niedriger Wärmeleitfähigkeit wie etwa Wasser, dem Hauptbestandteil des menschlichen Körpers (4286 J/kg K).
Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Kontaktzeit von Füßen und Glut: idealerweise geht der Feuerläufer zügig über die Glut, so dass die Füße bei jedem Schritt den heißen Boden nur kurz (weniger als eine halbe Sekunde) berühren. So wie zu langsames Gehen die Gefahr von Verbrennungen erhöht, sollte man andererseits aber auch unter keinen Umständen laufen oder gar rennen. Hierdurch würde das Körpergewicht zwangsläufig auf die Zehenspitzen und Fußballen verlagert werden, was zur Folge hätte, dass bei gleicher Masse (des Körpers) eine kleinere Fläche des Fußes mit den glühenden Kohlen in (intensiveren) Kontakt käme. Zudem ist in der Regel die Haut an und zwischen den Zehen aufgrund der geringeren Verhornung deutlich empfindlicher.
Ein Forscherteam des Max-Planck-Instituts für Verhaltensforschung in Seewiesen (Oberbayern) stellte fest, dass die "Berührungszeit" der einzelnen Schritte eine entscheidende Rolle spielt. Das zeigten auch Experimente, bei denen die Teilnehmer Nylonstrümpfe trugen und die keine Spuren einer Zerstörung erlebten.
Der Tübinger Psychiater Wolfgang Larbing beschreibt in seinem Buch Schmerz, dass selbst hohe Temperaturen dann nicht wehtun, wenn sie nur für einen kurzen Moment einwirken. Die Rezeptoren (Messfühler der Nervenenden) unter der Hautoberfläche reagieren relativ langsam: Sie empfinden einen Temperaturanstieg von 500 Grad lediglich als zwei Grad, wenn der Hitzereiz nicht länger als 0,3 Sekunden dauert.
Wissenschaftler der Universität Tübingen wollten es genau wissen und simulierten einen Feuerlauf im Labor: Sie berührten mit einem Leichenhautstück eine heiße Fläche, wobei die Kontaktzeit (0,2 bis 0,5 Sekunden) und die Temperatur (220 Grad) Beobachtungen echten Feuerläufen entsprach. Bei vier Kontakten stieg die Hauttemperatur nur um drei Grad an, bei zehn Kontakten um zehn Grad.
Wegen des Blockierens der Sauerstoffzufuhr durch den Fuß wird die Verbrennung kurzfristig unterbrochen, sodass momentan keine neue Hitze mehr entsteht. Durch den Wärmeaustausch der Glut mit dem Fuß fällt außerdem die Temperatur der Kohle unter den Flammpunkt, so dass die Verbrennung auch nach Ende des Kontaktes nicht sofort wieder einsetzt. Das bewirkt, dass der Feuerläufer "kalte Fußspuren" hinterlässt. Während eines Feuerlaufrituals, bei dem im Kreise über den Glutteppich getanzt wird, wird die Glut auch mit der Zeit ausgetreten, sodass Feuerläufer üblicherweise am Anfang schnell darü,ber tanzen und dann bei niedrigerer Temperatur immer längere Kontaktzeiten haben.
Untersuchungen haben gezeigt, dass die Temperaturen beim Feuerlauf an den Füßen 50 bis 200 Grad Celsius betragen und dass die nur kurze Kontaktierung der Glut unproblematisch ist. Bei zu langem Kontakt kann es hingegen zu schweren Verbrennungen bis 3. Grades und zu großen, sehr schmerzhaften Brandblasen kommen.
Ein entscheidender Faktor ist das verwendete Material für den Glutteppich. In der Regel wird Holzkohle verwendet. Holzkohle ist ein schlechter Wärmeleiter. Würde man beim Feuerlaufen z.Bsp. Eisenplatten verwenden, käme es zu verheerenden Verbrennungen. Jeder hat sich irgendwann einmal an einer Herdplatte verbrannt. Würde der Teilnehmer nicht zügig über den Glutteppich laufen, oder stocken, würde er sich unweigerlich verbrennen.
Braucht man also für den Feuerlauf gar keine Körperbeherrschung? Die Antwort: Ein klares Jein! Hat man einmal die Angst vor dem Feuer bzw. Glutteppich überwunden, kann das das Selbstwertgefühl erheblich steigert. Führt man den Feuerlauf in der Gruppe durch, z.Bsp. mit Arbeitskollegen, fördert das auch den Zusammenhalt.
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